Von der Unzulänglichkeit menschlichen Strebens
pro arte präsentiert den literarisch-musikalisch bunten Abend
Ausgehend von jenem Kurt Weill-Song aus der „Dreigroschenoper“ zelebriert der singende Schauspieler
Alexander Netschájew Missgeschicke von Goethe bis Tucholsky: feuilletonistisch-kabarettistische Kleinode (von Eugen Roth, Wilhelm Busch, Loriot, Erich Kästner, Heinz Erhardt, Karl Valentin …), Chansons (von Georg Kreisler, Friedrich Hollaender, EAV, Comedian Harmonists …) und klassische Balladen (von Goethe, Schiller, Claudius, Anastasius Grün …) werden die Zuhörer auf feine und geistvolle Weise erheitern, denn Missgeschicke passieren immer und überall!
Da entpuppt sich im deutschen Fernsehen der eingeladene amerikanische Astronaut während einer Live-Talk-Sendung als treudeutscher Verwaltungsinspektor!
Beim gemütlich angelegten Familienfest können sich die Gäste nicht einigen, auf welche Weise die Löcher in
den Käse kommen!!
Im Gebirge möchte man am Busen der Natur den Stress der Welt vergessen – doch das ist doch zum
Verzweifeln, wenn das Echo die Worte nicht so wiederholt, wie man sie vom Berg ins Tal ruft!!!
Oder – wie Ödön von Horváth sagte: „Eigentlich bin ich ganz anders – ich komm nur so selten dazu …“
Sekundiert auf seiner menschelnden Berg-und-Tal-Fahrt wird Netschájew entweder von Antje Uhle (die den Abend mit jazzigen Zwischenspielen aufwertet wie z.B. Matt Dennis’ „Everything happens to me“) oder von Manfred Seewann (der das Programm mit eher klassischen Perlen ausschmückt wie z.B. Beethovens „Wut über den verlorenen Groschen“).
Alexander Netschajew und Pianistin Antje Uhle traten in Dießen mit ihrem Programm über menschliche Unzulänglichkeiten auf.
Über den Menschen
Netschajew und Uhle begeisterten in Dießen
Dießen. "Das Unzulängliche, hier wird's Ereignis" stand schon in Goethes Faust geschrieben, doch beschränkt sich dieser Satz nicht allein auf die berühmte Tragödie des Meisterliteraten: Ein ereignisreiches Spektakel spöttischsarkastischer Lebensbetrachtung präsentierten am Sonntag der Schauspieler und Regisseur Alexander Netschajew und die Pianistin Antje Uhle in ihrem Programm über die "Unzugänglichkeit menschlichen Strebens".
Die jungen Künstler waren einer Einladung des Dießener Heimatvereins in den Gasthof "Maurerhansl" gefolgt. Was sie dort vor ausverkauftem Haus auf der Bühne inszenierten, war bestes Lieratur- und Musikkabarett mit höchst anspruchsvollen Inhalten. Diese manifestierten sich insbesondere im Rückgriff auf einen reichen Zitatenschatz des klassischen Literaturkanons – hatten doch die bekanntesten Autoren in Vergangenheit und Gegenwart das Streben des Menschen nach Höherem und die sich daraus ergebenden Missgeschicklichkeiten immer wieder zum Gegenstand ihrer ironisierenden Betrachtungen gemacht.
Alexander Netschajew glänzte dabei vor allem in der Kunst des lebendigen Vortrags: Seine mimische Ausdruckskraft kombiniert mit fesselnd vorgetragenem Gesang ließen die Phrasen und Anekdoten aus der Feder der Literaten gerade nicht als monotone Aneinanderreihungen erscheinen, sondern eröffneten dem Auditorium in einer inhaltlich weitgehend vernetzten Abfolge eine völlig neue Erfagrung mit klassischen Schriftstücken: so etwa Poetisches aus Heinrich Heines "Buch der Lieder", Zitate von Matthias Claudius und Dante Alighieri und ein lebhaft-komisch vorgetragener "Zauberlehrling" des Altmeisters Goethe. Doch auch Zeitgenössisches von Konstatin Wecker und Heinz Erhardt diente dem Künstler zur Illustrierung der regen Bemühtheit des Menschen, über die eigene Begrenztheit hinauszugelangen. Immer präsentierte sich Netschajew aber als Ehrenmann des spöttelnden, zeitweilig auch sarkastischen Humors, der auch die kleinen Missgeschicke des Alltags in stilsicherer Weise nachzeichnete. Die musikalische Begleitung auf dem Klavier erwies sich dabei als kongeniales Zusammenspiel zwischen dem Barden und seiner Pianistin Antje Uhle.
Ihr fiel bei der Darbietung nicht allein die Rolle der musikalischen Umrahmung durch ideenreiche Eigenkompositionen und jazzigen Elementen zu, vielmehr wusste sie die Pointen in Neschajews Vortrag musikalisch vorzubereiten und in Klang und Ton umzusetzen, was Zeugnis von routiniertem kommunikativen Austausch zwischen den Akteuren gab. In einem Solopart, der in einer Art Collage und Reihung bekannte Musikthemen zusammenfügte, durfte auch sie das Kuriositätenkabinett menschlicher Unzulänglichkeiten dem Spott der Klaviertasten unterwerfen. Vom Publikum wurde die gelungene Darbietung des Duos schließlich mit anhaltendem Applaus honoriert.
Mittwoch, 20. Februar 2002
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