Zwei Jazzmusiker wagen den Spagat zwischen Klassik und Moderne, zwischen Barock und Free Jazz und finden zu den Anfängen der Popmusik - zu den Beatles. Nur soviel ist sicher: Was hier auf Geige und Klavier gespielt wird, sind die bekannten Songs der vier Pilzköpfe aus Liverpool, Klassiker der Popmusik, Hits, die immer noch gültig sind. Aber wenn so experimentierfreudige Musiker wie Antje Uhle und Matthias Friedrich die genialen Kompositionen von Lennon/McCartney oder auch George Harrison neu entdecken und mit ihrer ungewöhnlichen Instrumentierung auf den Grund gehen, dann entsteht aufregend Neues: Ein musikalischer Drahtseilakt zwischen Bach und Stockhausen, bei dem keiner abstürzt, weil Antje Uhle und Matthias Friedrich auf ihrem Höhenflug zu den Beatles stilsicher und virtuos alle (wirklich alle!) Spielmöglichkeiten ihrer Instrumente ausloten und mit mehrstimmigem Gesang und a-capella-mouth-percussion auf dem sicheren Boden der Beatles-Songs der 60er und 70er Jahre landen.
„For Lovers and Friends“ ist nicht nur eine Hommage an die merkantil erfolg- und musikalisch einflussreichste Pop-Band des 20sten Jahrhunderts, sondern eine musikalische Abenteuerreise mit Abfluggarantie.
Flüsterleise wie ein entfernter Traum
Beatles-Hommage gerät zu Experiment
Gauting – Musik der Beatles, die nach Gershwin klang, nach Suzanne Vega oder auch nach literarischer Séance: Die Hommage an die Beatles, die am Freitagabend im Gautinger Theaterspielraum ihre Premiere erlebte, rückte die Pilzköpfe in ganz neue Sphären. Schöpfer und Ausführende des Programms waren die Pianistin Antje Uhle und der Violinist Matthias Friedrich.
Der Beginn des Abends gab dem Experimentalcharakter Ausdruck und sorgte für Neugier. Schließlich Musik: „In my life“. Flüsterleise gesungen, mit zarten Klavierakkorden hinterlegt, schwebte der Song vorbei wie ein entfernter Traum. Genauso lyrisch ging es weiter. „If I needed someone“ geriet zum zerbrechlichen Artefakt einer tief gründenden Melancholie. Es hätte nicht gewundert, wenn Antje Uhle und Matthias Friedrich gleich im Anschluss „As time goes by“ aus „Casablanca“ angestimmt hätten. Die berühmten Gassenhauer der Beatles blieben bei diesem Abend außen vor. „Bei Ohrwürmern wäre die Hemmschwelle zu hoch gewesen, sich in ein ganz neues Arrangement einzuhören“ begründete Antje Uhle die Song-Auswahl. „Wir haben vor allem Stücke ausgesucht, die uns etwas sagen und zu denen uns eigene Interpretationen einfielen“, ergänzte Matthias Friedrich. So entstand innerhalb eines Jahres ein Liederabend mit dem Ziel, „aus der notwendigen Reduktion auf zwei Stimmen, Violine und Piano einen Klangreichtum zu zaubern“.
Antje Uhle zeigte vor allem, welche Vielfalt an Geräuschen nur mit dem Mund möglich ist. Sie ergänzte ihre Klavierbegleitung um ein höchst vielgestaltiges Schnalzen, Zischeln und Klicken der Zunge, so dass sie wie ihr eigenes Schlagzeug wirkte. Herrlich setzte sie ein „Whop-whop-wah-wah“ in den Duktus des hingehauchten nächtlichen Bar-Jazz. In der leisen Stimmführung des „It's true (Yes, it is)“ konnte sie mit echtem Schmelz überzeugen.
Im zweiten Teil lief Matthias Friedrich zur Höchstform auf. Zur Anfangszeile von „A day in the life“ schlug er seine Geige wie eine Gitarre. Dann auch eine mimisch sehr skurrile Darbietung mit „You know my name (Look up the number)“. Schließlich „I want you“ im Blues-Stil. Anstelle seiner sonst eingesetzten Falsett-Stimme gab Friedrich nun die rauhe Kehle eines Rockers zum Besten. Besonders faszinieren konnte der Stockdorfer Schauspieler mit Zitaten aus einem Buch John Lennons. Man spürte förmlich, wie Matthias Friedrich die magische Leichtigkeit des „Swinging London“ lebte und ausstrahlte.
(Andreas Bretting, Starnberger Merkur)